Nordstadtgesichter

Dortmunder Künstler kehrt zurück in die Nordstadt

Christian Aue freut sich wieder zu Hause zu sein und bezieht neue Räume im ConcordiArt.

ute ca concordiart
"Ich habe die Nordstadt sehr vermisst und bin glücklich wieder hier zu sein.", Vertragsunterzeichnung mit Ute Ellermann und Christian Aue.

Nach seiner einjährigen Abwesenheit in 2016 kehrt der Dortmunder Künstler Christian Aue (aka CHRIS†IAN a) in die Nordstadt zurück. Ein Jobangebot lockte ihn damals in den Osten Deutschlands. Dort wurde er aber auf Dauer nicht glücklich. Seit Anfang Februar wohnt er wieder in Dortmund und unterzeichnete an diesem Samstag den Nutzungsvertrag des ConcordiArt, das Kreative Kaufhaus am Borsigplatz, um dort sein neues Atelier einzurichten. Seit 2015 können  bereits zwei seiner Werke zum Streetart-Mauerprojekt in der Weißenburger Straße betrachtet werden.


'CHRIS†IAN a' kommt aus Körne, also direkt aus der Nachbarschaft der Nordstadt. Er plant mit seinen neuen Möglichkeiten im ConcordiArt seine Arbeiten nun einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Dabei ist ihm der Bezug zu den Menschen vor Ort besonders wichtig. "Die Menschen, mit denen ich in meinen Projekten zusammenarbeite, kommen zum Großteil aus der #0EURO-Community. Damit sind wir es gewohnt nicht-kommerziell und unabhängig zu arbeiten. In der Nordstadt habe ich den Ort gefunden, der meinen Sinn für Authentizität am besten trifft.", sagt 'CHRIS†IAN a'. Seine Kunst, eine Symbiose aus Malerei(Acryl) und Photographie(Digital), "ist sehr abstrakt". In den Worten des Künstlers: "Mein Ziel ist es, dass Kunst mehr virtuell im Raum existiert und auf Wunsch materialisierbar sein kann." Kunstinteressierte können sich seine Arbeiten im Rahmen der Kulturveranstaltung „OffeneNordstadt Ateliers“ am 09. und 10. September 2017 ansehen.
Bei der Eröffnung des "Grünen Salon" am Nordmarkt, sprach Nicole Winkelkötter mit Christian Aue über seine Pläne für die Nordstadt.

NW: Erstmal Christian, willkommen zurück in Dortmund.

CA: Danke Nicole, ich habe die Stadt sehr vermisst und bin glücklich wieder hier zu sein.

NW: Wie findest Du denn das neue "Fink"?

CA: Der "Grüne Salon" macht auf mich einen gemütlichen Eindruck. Mit den hellen Farben für Wände und Einrichtung steht der Geschmack der Rethmann-Schwestern im krassen Gegensatz zum Stil ihrer Vorgängerin Frau Eilinghoff. Das Grün ist auf jeden Fall eine willkommene Abwechslung zum Rot.

NW: Ich habe gerade mit Ute Ellermann gesprochen und sie hat mir erzählt, dass Du ab morgen offizieller Mieter im ConcordiArt sein wirst.

CA: Ja, das stimmt. Ich werde einen Raum im ConcordiArt mieten.

NW: Damit wärst Du offiziell wieder ein Nordstadtbewohner.

CA: Sehr richtig, ich zahle auch weiterhin meinen Mitgliedsbeiträge bei der KulturMeileNordstadt und LangerAugust.

NW: Also wird Dein Engagement für die Nordstadt mit dem Eintritt ins ConcordiArt weiter wachsen. Und mit welchen Ziel?

CA: Zuerst möchte ich so schnell wie möglich den Graben überwinden, der sich in meiner Abwesenheit zwischen mir und Dortmund aufgebaut hat. Ich konnte mich in meiner Abwesenheit nicht um alle Dinge persönlich kümmern, so dass ich jetzt mir erst mal wieder die Freiräume schaffen muss, die sich inter mir geschlossen haben. Aber das wird nicht mit meinen anderen Projekten im Widerspruch stehen.

NW: Und die wären?

CA: Neben meiner Veranstaltungsreihe im KCR in der Braunschwieger Straße, den 99heads_every_5th, plane ich mit meinen neuen Möglichkeiten im ConcordiArt meine Arbeiten nun einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, als es bisher der Fall war. Dazu zählt als Höhepunkt für dieses Jahr die Teilnahme an den Offenen Nordstadtateliers. Beide Projekte sollen dabei auch Synergien entwicklen.

NW: Nun kann man ja schon zwei Deiner Werke seit 2015 in der Öffentlichkeit bewundern. Hat sich Dein Stil seit Deiner Teilnahme beim Streetart-Mauerprojekt an der Weißenburger Straße verändert?

CA: Im Wesentlichen besteht die Herausforderung in der Reproduzierbarkeit. Ich versuche ein Batch-size-one-Costumerization-Konzept in meinen Arbeitsprozess zu integrieren, um die Produktionskosten so gering wie möglich zu halten. Mein Ziel ist es, dass Kunst mehr virtuell im Raum existiert und nach Wunsch materialisierbar ist.
Damit möchte ich sagen, dass ich mich im Moment mehr mit meiner Methode beschäftige und die Kompositionen erstmal beibehalte. Im vergangenen Jahr konnte ich viele Motive finden und schon vorverarbeiten. Die Motivation meinen Prozess zu optimieren, wo er doch beim Mauerprojekt akzeptable Ergebnisse geliefert hatte, entstand aus der Frage, ob in die digitale Übertragung des Motivs auf die Leinwand eine attraktive Möglichkeiten ist. Natürlich könnte ich alles beim Alten lassen, aber dann wird es teuer.

NW: Wo Du gerade über Geld sprichst, böse Zungen behaupten ja, dass Du jetzt zu der sogenannten "Nordstadt-Bohéme" zählst, also Menschen, die die Möglichkeiten hätten,  auch an jedem anderen Ort in Dortmund eine Wirkungsstätte aufzubauen.

CA: Leider ist das so. Ich bewundere alle, die für ihren Style 24/7 geben und denen gehört mein größter Respekt. Franz Ott und Gerd Neumann sind meine großen Vorbilder und ich wünsche mir, dass ich so wie sie in deren Alter die Fahne hochhalten kann. Ich als Amateur habe weniger Abgründe, in die ich fallen kann, aber auch weniger Höhen zu durchleben. Aber ich hoffe, dass mir dieser Umstand durch meine vieljährige Anwesenheit in der Nordstadt verziehen wird.

NW: Du kommst doch eigentlich aus Körne?

CA: Also direkt aus der Nachbarschaft, eigentlich östliche Stadtmitte. Hinter'm Haus verläuft genau die Stadtgrenze zur City und ich bin zum Käthe-Kollwitz zur Schule gegangen.
"Der Wolf" wohnt auch in Körne, aber an der Grenze zu Wambel, deswegen sehen wir sehr selten. Aber vielleicht ist das hier die Gelegenheit mit einem Gerücht aufzuräumen. Also: AN ALLE! JA, ICH HABE MICH STELLENWEISE ALS "DER WOLF" AUSGEBEN! Ich war es einfach irgendwann Leid, ständig mit ihm verwechselt zu werden. Ich hoffe, ich habe damit nicht allzu viel Verwirrung gestiftet.
Ich habe ein Jahrzehnt im "Langen August" bei einer NGO gearbeitet und dort für den Weltfrieden gestritten. Daher habe ich die Kontakte zum Haus für meine Konzerte und Veranstaltungen. Als persönlichen Beitrag zu meiner Vereinsmitgliedschaft betreue ich zum Beispiel die Webseite des KCR.

NW: Und warum dann Borsigplatz und nicht Nordmarkt?

CA: Zum einem natürlich die Gelegenheit. Ich freue mich darauf die Zusammenarbeit mit Ute Ellermann zu intensivieren. Bisher habe ich sie ja nur durch ihre Veranstaltungshinweise wahrgenommen. Auch die Nähe zu Annette Kritzler freut mich, so kann ich sie leichter besuchen.
Auf der anderen Seite bin ich der Meinung, dass die Nordstadt vom Hafen her aufgefressen wird. Das Hafenviertel drängt immer weiter auf den Nordmarkt zu, der als Brennpunkt dem Widerstand entgegen setzt. Der Borsigplatz ist dabei noch die Zone, die von diesem Druck am wenigsten zu spüren bekommt, weil Körne von der anderen Seite keine Ausdehnungsambitionen hat. So liegt der Borsigplatz im ruhigen Windschatten des Nordmarkts. Hier sind die Claims noch nicht vollständig abgesteckt.

NW: Bist Du denn jetzt wieder fest in Dortmund?

CA: Nein, ich werde wohl unter der Woche immer wo anders sein. Aber ich bin ja auch nicht alleine. Die Menschen, mit denen ich in meinen Projekten zusammenarbeite, kommen zum Großteil aus der #0EURO-Community. Mit Bodo Melenk haben wir ein professionelles Backup, welches uns schon oft vor der Katastrophe gerettet hat. Ich fürchte, die Crew hat in unseren Anfängen aus der Not eine Tugend gemacht und wir haben uns so daran gewöhnt, dass es für uns nicht mehr anders aussehen kann. Damit sind wir nicht kommerziell und unabhängig, jedenfalls bis wir die Kasse zählen und uns freuen, dass wir wieder zu #0EURO gegangen sind und nicht auch noch drauf zahlen mussten. Aber dafür haben wir in der Nordstadt den Ort gefunden, der unseren Sinn für Authentizität am besten trifft. Ich muss auch dem Kulturbüro der Stadt Dortmund danken, dass mit seiner großartigen Arbeit unser Wirken teilweise möglich macht. Die Nähe zur Stadt verursacht natürlich viel Skepsis in der Dortmunder Gemeinde, aber ich möchte allen versichern, dass wir die Unterstützung durch die Stadt als Bitte verstehen eben nicht kommerziell und unabhängig zu sein.

NW: Aber jetzt zum Schluss: Warum bist Du wieder zurückgekommen?

CA: Meine Pläne haben sich in Sachsen nicht verwirklichen lassen. Aber dafür haben sich andere Türen geöffnet, die mich wieder von der östlichsten Stadt Deutschlands hier in die Heimat geführt haben. Ich vermisse die Kollegen dort, aber es ist auch gut wieder hier zu sein.

NW: Viel Glück und alles Gute für Deinen RE-Start in Dortmund.

CA: Danke.