Stoecker, Lauschke, Kanstein

Schlosser bei Hoesch und naiver Maler:

Hoesch-Museum zeigt Arbeiten von Franz Klekawka

Franz Klekawka – Schlosser bei Hoesch und naiver Maler
8. Juli bis 30. September 2018 | Hoesch-Museum, Eberhardstr. 12, 44145 Dortmund

Er war Schlosser bei Hoesch – und avancierte nebenbei zu einem der talentiertesten naiven Maler im Ruhrgebiet: Franz Klekawka (1925 bis 2001).

Das Hoesch-Museum zeigt vom 8. Juli bis 30. September 2018 die Ausstellung „Franz Klekawka – Schlosser bei Hoesch und naiver Maler“, kuratiert von Michael Dückershoff und Brunhild Kanstein.

Zu sehen sind 64 Gemälde, die Franz Klekawka vom Ende der 1950er Jahre bis zum Ende der 1980er Jahre gemalt hat. In dieser Zeit machte er sich als naiver Maler einen Namen weit über die regionalen, ja sogar die nationalen Grenzen hinaus. Die Ausstellung im Hoesch-Museum ist die erste größere Ausstellung mit ausschließlich Gemälden von Franz Klekawka seit 1982. Parallel sind derzeit einige Arbeiten von ihm im Museum Ostwall im Dortmunder U zu sehen: Das MO wirft in seiner Ausstellung „Kunst & Kohle: SchichtWechsel“ noch bis zum 12. August einen aktuellen Blick auf die bergmännische Laienkunst.

Im Hoesch-Museum wird Franz Klekawka als naiver Künstler gewürdigt, der mit seinem Werk die Zeit im Revier von den späten 1920er bis zu den späten 1980er Jahren aus der Sicht des Arbeiters, des Schlossers bei Hoesch, in der kollektiven Erinnerung wach hält.

Franz Klekawka (1925 – 2001) stammte aus einer typischen Arbeiterfamilie des Ruhrgebietes. Sein Vater war unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg aus Galizien nach Dortmund gekommen. Franz wuchs in einer Zechenkolonie auf. Von 1955 bis 1982 gehörte er zur Belegschaft der Hoesch AG und arbeitete als Betriebsschlosser auf der Westfalenhütte.

Im Zuge der Bemühungen um Demokratie und Mitspracherechte in der Industrie in der Anfangszeit der BRD kümmerte man sich auch um die Stärkung der Arbeiter, die selbstbewusst und kritikfähig diese Rechte ausüben sollten. Ein Mittel dazu sah man in der kreativen Beschäftigung der Arbeiter in ihrer Freizeit.

Entdeckung bei den „Steckenpferdturnieren“

Die Hoesch AG richtete 1955, 1958, 1962 und 1965 Wettbewerbe aus, bei denen die Hobby-Arbeiten der Belegschaft prämiert wurden – sogenannte „Steckenpferdturniere“. Sie stießen auf großes Interesse sowohl bei den Beschäftigten als auch in der Öffentlichkeit. Sie wurden auf der Westfalenhütte durchgeführt, wanderten aber auch zu weiteren Standorten der Hoesch AG. Die Ausstellung von 1955 wurde im
„Löwenhof“ in der Nähe des Bahnhofs, die von 1958 im Dortmunder Stadthaus der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. 1965 reichten 194 Teilnehmer weit über 1000 Arbeiten ein. 1962 sahen etwa 25.000 Besucher die Ausstellung. Ab 1958 war Leonie Reygers, die Leiterin des Museums am Ostwall in Dortmund, Mitglied der Jury; 1965 auch Thomas Grochowiak, der Leiter der Städtischen Museen Recklinghausen. Das wichtigste Kriterium für die Prämierung eines Werkes war die Eigenständigkeit der Idee, der Sicht und der Ausführung. Technisches Gelingen war erst in zweiter Linie wichtig.

Diese Eigenständigkeit bei Hintanstellung der technischen Fertigkeiten ist ein zentrales Merkmal der naiven Kunst. Der naive Künstler erschafft seine Werke aus einem starken inneren Bedürfnis heraus, ohne Schulung, ohne wirtschaftliches Interesse, ohne Orientierung an Publikum oder Kunstmarkt. Dabei entstehen sehr ausdrucksstarke, emotional intensive Arbeiten. Franz Klekawka wurde von Thomas Grochowiak beim Steckenpferdturnier der Hoesch-AG 1962 entdeckt, wie eine Anzahl anderer naiver Künstler bei vergleichbaren Werkausstellungen.

Vom Autodidakten zum international ausgestellten Künstler

Franz Klekawka hatte seit seiner Kindheit gezeichnet und mit Wasserfarben gemalt. Seine Lehrer erkannten sein Talent an, die Mitschüler freuten sich vor allem über seine Karikaturen an der Tafel. Als Jugendlicher liebte er die Gemälde der großen Meister, vor allem wegen ihrer bunten Farben, Spitzweg wegen der Komik. Sein erstes Ölgemälde entstand, als er 1957 für seine erste eigene Wohnung ein Bild kaufen wollte, jedoch zu wenig Geld hatte. So malte er selbst eins. Die ersten Versuche waren Kopien bekannter Maler, mit denen er allerdings nicht zufrieden war. Sein erstes eigenes Gemälde reichte er beim Steckenpferdturnier 1958 ein, gewann aber nur einen Anerkennungspreis. 1962 und 1965 erhielt er für seine Gemälde dann jeweils den ersten Preis.

Seit 1962 malte er fast täglich, immer am Fenster seines Wohnzimmers, zuerst auf einem Schemel sitzend vor dem Sessel, dessen Rücklehne die Staffelei ersetzte. Durch die Förderung von Thomas Grochowiak wurde er schnell bekannt. Allein zwischen 1962 und 1975 wurden seine Werke an 40 Orten ausgestellt, auch im Ausland, u.a. im damaligen Jugoslawien, in der Schweiz, in Russland, Finnland, Dänemark und Spanien. Er genoss die neuen Erfahrungen und die Freundschaft mit anderen naiven Künstlern, ohne dabei Dünkel oder Arroganz zu zeigen: Klekawka arbeitete weiterhin engagiert als Schlosser bei Hoesch und wurde von seinen Kollegen geschätzt. „Aus Jux“ fertigte er Karikaturen an, mit denen er aktuelle Ereignisse im Werk kommentierte und die er an eine Wand heftete. Im Übrigen spielte sein Malen bei der Arbeit keine Rolle.

Malstil

Klekawkas Gemälde zeichnen sich vor allem aus durch die zeichnerische Grundlage und die Farben aus. Er liebte Kontraste zwischen gedämpften und hellen, bunten Farben. Seine Gemälde sind meist voller Menschen und erzählen viele Geschichten. Große Aufmerksamkeit schenkte er den Details. Er malte immer aus der Erinnerung, nie vor Ort. Die konkrete Realität war ihm weniger wichtig als das Milieu richtig zu treffen. Wie bei allen naiven Künstlern zeigt sich auch bei Klekawka eine Ungeschicklichkeit in der Darstellungstechnik. Perspektiven, Proportionen und anatomische Details stimmen oft nicht. Diese Schwächen tun der Intensität der Bilder keinen Abbruch.

Themen und Motive

Klekawka malte Szenen aus dem geselligen Freizeit- und Alltagsgeschehen, Erinnerungen an Ausflüge, Prozessionen, gerne auch lustige Begebenheiten. „Wenn ich unter der Dusche stehe, wasche ich den Dreck und auch die Gedanken an die Arbeit ab. Ich habe Feierabend. Vielleicht male ich mal ein Bild von der Arbeit als Thema. Aber nicht von meiner“, sagte er einmal. Es gibt tatsächlich nur zwei Gemälde direkt von seinem Arbeitsplatz – aber er malte Bilder von der Arbeit anderer. Er nahm auch politische Themen auf, die die Menschen seiner Zeit beschäftigten. Eine große Rolle spielen die Gemälde, in denen er seine Erinnerungen an seine Kindheit und Jugend in der Zechenkolonie in Dortmund-Schüren verarbeitete.

Franz, der Geschichtenerzähler

Es war Klekawka nicht nur ein Bedürfnis zu malen. Er schrieb auch seine Gedanken und Erinnerungen als kleine Geschichten auf. In ihnen verwendete für Dialoge und Selbstgespräche das Ruhrdeutsch. Viele dieser Erzählungen sind Erinnerungen an das Leben in der Zechensiedlung in seiner Kindheit und Jugendzeit. Klekawka hatte Ende der 1980er Jahre die Veröffentlichung von 24 dieser Texte vorbereitet. Warum dieser Plan nicht umgesetzt wurde, ist nicht bekannt. In der Ausstellung werden einige der Texte zur Lektüre ausgelegt.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit 63 Abbildungen auf 120 Seiten. Er ist für 10 Euro im Hoesch-Museum erhältlich.

Foto von der Pressekonferenz mit (v.li.) Dr. Jens Stöcker, Direktor des MKK; Dr, Karl Lauschke, Vorsitzender der Freunde des Hoesch-Museums und Brunhild Kanstein, Mit-Kuratorin

Gemälden: Kiosk am Bahndamm, 1977 | Lohntag, damals, 1984