Klänge des Lebens

Steinwache zeigt Ausstellung mit Geschichten von Sinte, Roma und Jenischen

In diesem März jährt sich die Deportation Dortmunder Sinte*zze und Rom*nja nach Auschwitz zum 80. Mal. Die Geschichten ihrer Verfolgung und des Völkermordes sind noch immer wenig bekannt und erforscht – die Diskriminierung dagegen dauert bis heute an. Die Gedenkstätte Steinwache zeigt vom 17. März bis zum 25. Mai 2023 die Ausstellung „Klänge des Lebens. Geschichten von Sinti*zze und Rom*nja“.

Die Künstler*innen Markus Reinhardt, Krystiane Vajda und der Verein „Maro Drom – Kölner Sinte und Freunde e.V.“ haben dafür in den vergangenen vier Jahren mit vielen Menschen in Deutschland, den Niederlanden, Frankreich, der Schweiz und Polen gesprochen.

NS DOK Ausstellung final 16Die Ausstellungsmacher*innen haben Sinte, Roma und Jenische in persönlichen Interviews dazu befragt, wie sie früher lebten, wie sie Nationalsozialismus und Völkermord überlebten und wie sie nach 1945 eine neue Lebensperspektive begründen konnten. Kinder von Überlebenden erzählen, wie sie heute mit der Last der Geschichte umgehen. Weg-Gefährt*innen bringen ihre Perspektive auf die Geschichte ein. Insgesamt sind in der Ausstellung in der ersten Etage der Steinwache 35 Interviews zu sehen und zu hören. Einige der Befragten haben sich in diesen Interviews erstmals geöffnet und ihre Geschichten erzählt.

Die Lebensgeschichten zeugen von dem Leid, das Verfolgung und Völkermord verursacht haben. Sie lassen die Trauer um die Ermordeten spüren, sie sind aber auch Zeugnisse des Überlebenswillens, der Solidarität, des Muts und des Widerstands. Viele der Interviewpartner*innen haben über diskriminierende Erfahrungen in ihrem Alltag heute oder über ihre Angst vor dem Erstarken rechtsextremer Parteien berichtet. Umso wichtiger ist es, mit diesen Geschichten an die Öffentlichkeit zu treten.

Der Völkermord bedeutete den Verlust von Angehörigen, aber auch von materiellem Besitz und kulturellem Gut: Den Menschen wurde alles geraubt, sie standen nach 1945 vor dem Nichts – und fanden doch die Kraft, sich ein neues Leben aufzubauen. Eine Quelle für diese Kraft ist die Musik, die eine Brücke zur Jahrhunderte alten Traditionen der Sinte, Roma und Jenischen baut. Begleitend zu den Video-Interviews zeigt die Ausstellung Fotografien aus den Privatarchiven der Befragten.

InterviewDie Gedenkstätte Steinwache thematisiert die Verfolgung und Ermordung der Sinti*zze und Rom*nja bereits seit 1992 in einem Ausstellungsraum in der 2. Etage. „Es gibt allerdings noch große Forschungslücken, was die lokalen Geschehnisse angeht – bis hin zu der Frage, wie viele Sinti*zze und Rom*nja aus Dortmund ermordet wurden und wie viele Transporte von Dortmund aus in die Konzentrationslager gingen“, sagt Historiker Dr. Stefan Klemp. Für die derzeit laufende Überarbeitung der Dauerausstellung wird an diesen Leerstellen weiter gearbeitet.

Die Ausstellung eröffnet am Donnerstag, 16. März, 19 Uhr mit einer Einführung ins Programm durch Markus Reinhardt und Krystiane Vajda, die auch einen Zeitzeugen begrüßen können.

Die Historiker Stefan Klemp und Rolf Fischer berichten zur Verfolgungsgeschichte der Dortmunder Sinte und Roma, außerdem gibt es Musik vom Markus-Reinhardt-Ensemble mit Fateli und Gigi Krause aus Dortmund.

 

Begleitprogramm:

27. April, 19 Uhr: Midissage „Tag der Jugend“
Krystiane Vajda im Gespräch mit einer Zeitzeugin
Präsentation von zwei ausgewählten Zeitzeugen-Interviews
Junge Sinte lesen Briefe von verfolgten Sinte aus Dortmund
Musik: Fateli und Gigi Krause aus Dortmund, Markus Reinhardt und Janko Wiegand

25. Mai, 19 Uhr: Finissage „Requiem für Auschwitz/Poesie“
Musik und Poesie der ersten und zweiten Generation der Überlebenden
Roger Moreno, Sinto und Komponist des „Requiem für Auschwitz“ im Gespräch mit Krystiane Vajda
Präsentation von zwei ausgewählten Zeitzeugen-Interviews
Musik: Markus-Reinhardt-Ensemble mit Roger Moreno

 

Fotos/Bildrechte:
Ausstellungsmacher*innen Krystiane Vajda und Markus Reinhardt mit Markus Günnewig (re, Leiter der Steinwache) in der Ausstellung (© Arnd Lülfing)
Wallfahrt in Altenberg 1965, dem ersten großen Treffen der Überlebenden nach dem Völkermord (© Grancino Reinhardt)
Blick in eines der Interviews mit Zeitzeug*innen und ihren Nachkommen (© Katrin Pinetzki, Stadt Dortmund)