#StolenMemory
Ausstellung persönlicher Gegenstände von KZ-Häftlingen in der Gedenkstätte Steinwache
Ob Uhren, Eheringe, Papiere oder Fotos: Bei der Einlieferung in Konzentrationslager nahmen die Nationalsozialisten den Menschen ihre persönliche Habe ab. Bis heute bewahren die Arolsen Archives noch etwa 2500 Umschläge mit diesen persönlichen Gegenständen – sogenannte Effekte – auf. Die Wanderausstellung „#StolenMemory“ erzählt anhand persönlicher Gegenstände ehemaliger KZ-Häftlinge deren Lebens- und Verfolgungsgeschichten. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie es heute noch gelingt, diese Dinge an Familien der Opfer zurückzugeben. Die Ausstellung ist in einem Übersee-Container zu sehen und macht vom 2. bis 15. Dezember auf dem Parkplatz der Gedenkstätte Steinwache (Steinstr. 50) Station.
#StolenMemory ist eine Kampagne der Arolsen Archives zur Rückgabe der persönlichen Gegenstände an die Angehörigen. Über 500 Familien konnten seit dem Start der Kampagne 2016 bereits gefunden werden. Die Ausstellung zeigt Bilder der „Effekten“ und erzählt vom Schicksal von zehn NS-Verfolgten. Die Ausstellung bietet zudem Hintergrundinformationen zum historischen Kontext des nationalsozialistischen Lagersystems sowie zu den Arolsen Archives und bittet die Besucher*innen, die Rückgabe-Kampagne durch eigene Recherchen zu unterstützen.
Ziel: Aufmerksamkeit und Unterstützung
Unter der Überschrift „Gefunden“ lenkt die Ausstellung den Blick auf persönliche Gegenstände, die bereits zurückgegeben werden konnten. Sie berichtet vom Verfolgungsweg der einstigen Besitzer*innen und den Rückgaben an ihre Familien heute. Mit dem Smartphone können die Besucher*innen über eine App Videoportraits aufrufen, in denen die Angehörigen zu Wort kommen.
Unter der Überschrift „Gesucht“ werden Gegenstände gezeigt, die noch auf ihre Rückgabe warten. Eine wichtige Botschaft ist deshalb auch: Jede*r kann die Arolsen Archives unterstützen und sich selbst auf Spurensuche nach den Verfolgten und deren Familien begeben. Denn noch immer bewahrt das Archiv gestohlene Erinnerungsstücke von knapp 2.500 Personen aus ganz Europa auf.
Der emotionale Wert der Effekten
„Viele Opfer der Nationalsozialisten hinterließen keine materiellen Spuren für ihre Familien, weil die Nationalsozialisten ihnen alles nahmen“, so Floriane Azoulay, Direktorin der Arolsen Archives. Die Rückgabe der Effekten sei für die Angehörigen deshalb oft sehr unerwartet: „Einige von ihnen wissen nichts oder nur wenig über diesen Teil der Lebensgeschichte ihrer Großeltern, Eltern, Onkel und Tanten“. Umso wichtiger sei es, dass die Gegenstände in die Familien zurückkehrten.
„In Dortmund gibt es wohl keinen passenderen Ort für die Ausstellung als die Gedenkstätte Steinwache, die sich im ehemaligen Polizeigefängnis der Stadt befindet. Für viele Menschen aus Dortmund und der gesamten Region war die Steinwache zwischen 1934 und 1945 die Durchgangsstation in die Konzentrationslager“, sagt Markus Günnewig, Leiter der Gedenkstätte.
Seit August 2020 reist die #StolenMemory-Ausstellung durch Deutschland. Das Projekt konnte von den Arolsen Archives dank der Fördermaßnahme „Kultur in ländlichen Räumen“ (Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien) umgesetzt werden. Aufgrund der großen Nachfrage gibt es seit 2021 einen zweiten Container, der nun auch größere Städte ansteuert.
Begleitend zur Ausstellung bietet die Website stolenmemory.org interessante Einblicke: Kurze, animierte Filme mit ergänzenden Webstories erzählen von individuellen Schicksalen. Diese Materialien wurden speziell für Jugendliche entwickelt und im Juni 2021 mit dem Grimme Online Award in der Kategorie „Wissen und Bildung“ ausgezeichnet. Auf der Website steht zudem umfangreiches pädagogisches Material zum kostenlosen Download zur Verfügung, das von Schulen und Bildungseinrichtungen auf allen Stationen der Wanderausstellung genutzt werden kann.
Arolsen Archives
Die Arolsen Archives – International Center on Nazi Persecution sind ein internationales Zentrum über die NS-Verfolgung mit dem weltweit umfassendsten Archiv zu den Opfern und Überlebenden des Nationalsozialismus. Die Sammlung mit Hinweisen zu rund 17,5 Millionen Menschen gehört zum UNESCO-Weltdokumentenerbe. Seit 2016 veröffentlicht die Institution online eine Vielzahl an Originaldokumenten zu den verschiedenen Opfergruppen des NS-Regimes aus Konzentrationslagern und ist eine wichtige Wissensquelle für die heutige Gesellschaft. Mittlerweile stehen mehr als 27 Millionen Schriftstücke online - Deportationslisten, Inhaftierungsdokumente, Registrierungen von Vermissten und viele weitere.
Bildrechte:
Effekte von Neonella Doboitschina aus Russland, (c) Gollhardt
Ausstellungscontainer, (c) Johanna Groß