Djelem Djelem

Siebtes Roma-Kulturfestival in Dortmund beleuchtet Situation der größten verfolgten Minderheit

Den Reichtum der Roma-Kulturen kennenlernen, auf ihre Lebenssituation aufmerksam machen und diese verändern – darum geht es bei „Djelem Djelem“ vom 9. bis 23. Oktober. Zum siebten Mal lädt das Festival in Dortmund zu Workshops und Lesung, Filmen und Forum, Ausstellung und Musik an mehreren Orten der Stadt ein – u.a. im Dortmunder U, im Dietrich-Keuning-Haus, in der Auslandsgesellschaft.de und im „Evinger Schloss“.

„Die Lage der Sinti und Roma, der größten verfolgten Minderheit in Europa, ist derzeit äußerst dramatisch“, sagt Kulturdezernent Jörg Stüdemann. In einigen Ländern werde die Corona-Pandemie zum Anlass für rassistische Hetze, Drangsalierung und weitere Diskriminierung genutzt. „Djelem Djelem“ wolle darauf aufmerksam machen und die Lebensverhältnisse für Roma in der Stadt verändern, aber auch die Vielfalt ihrer Kultur feiern, so Stüdemann.

„Djelem Djelem“ ist eines der größten Roma-Festivals in Deutschland. 2017 war das Fest Preisträger des Bundeswettbewerbs „Aktiv für Toleranz und Demokratie“. Der Titel „Djelem Djelem“ bezieht sich auf die internationale Hymne der Roma. Alle Veranstaltungen des Festivals sind frei.

Das Programm 2020

Los geht es am 9. Oktober mit einem „Forum“ an der Adam’s Corner am Westpark (Möllerstr. 3): In Workshops, auf einem Markt der Möglichkeiten und in Mitmachaktionen präsentieren Partner*innen aus Bulgarien, Frankreich, Österreich, Rumänien, Italien und Deutschland die Ideen und den Stand von Inklusionsprojekten in Süd-Ost-Europa und in Dortmund. Ziel ist es, voneinander zu lernen und sich untereinander auszutauschen.

Am gleichen Tag (9.10., 19 Uhr) ist im Kino im Dortmunder U der Film „Über Grenzen“ zu sehen, ein Film- und Theaterprojekt mit Roma- und Nichtroma-Jugendlichen aus Dortmund und Bukarest. Unter professioneller Anleitung erzählen die Jugendlichen des Playhood Theatres aus Bukarest und in Dortmund arbeitende Jugendliche in kurzen Filmsequenzen Geschichten über ihre Lebenssituation, Zukunftsentwürfe, Lebenswiderstände, Vorurteile, Träume und Sehnsüchte.

„Frauen-Empowerment“ gibt es am Samstag, 10. Oktober im Dietrich-Keuning-Haus: In einem Workshop stellen Rom*nja-Aktivistinnen dort ab 14 Uhr ihre Empowerment-Arbeit vor und berichten von Erfahrungen, Projekten, Fortschritten und Plänen. Im Workshop geht es um Austausch und Vernetzung mit Dortmunder Rom*nja für selbstbewusstes Engagement, gegen Sexismus, Rassismus und gesellschaftliche Machtverhältnisse.

In der Auslandsgesellschaft.de liest der Schriftsteller Ruždija Russo Sejdović am Montag, 12. Oktober, 19 Uhr aus seinem Buch „Der Eremit“. Die Lesung findet im großen Saal auf Ebene 3 statt.

„Antiziganismus und Radikalisierung in der digitalen Welt“ heißt ein Workshop, der die Teilnehmer*innen am 13. Oktober im Evinger Schloss dabei unterstützt, die Bedeutung sozialer Medien für die Organisation rechter Netzwerke kennenzulernen und Strategien zur Prävention und Gegenmaßnahmen zu entwickeln.

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Zu einem musikalischen Abend mit bulgarischen Jugendlichen lädt am 14. Oktober, 19 Uhr der Stollenpark an der Bergmannstaße. Auf der Bühne können Jugendliche mit und ohne Instrumenten beliebte Songs vortragen oder selbst komponierte Songs präsentieren.

Ausschließlich online findet die Diskussion „Rom*nja in Europa“ am 14. Oktober, 18 bis 19.30 Uhr statt. In Zeiten der Corona-Pandemie hat sich die Lebenssituation für viele Rom*nja, die sowieso vielerorts systematischer Diskriminierung ausgesetzt sind, noch verschlechtert. Fehlende Zugänge zum Gesundheitssystem sowie Anschuldigungen, das Virus aus dem Ausland eingeschleppt zu haben, lassen sie besonders unter der Pandemie leiden. In der Online-Diskussion werden Rom*nja-Aktivistinnen aus Rumänien, Bulgarien und weiteren Ländern in englischer Sprache über die Situation berichten.

Wie geht das deutsche Bildungssystem mit Heterogenität um? Um (vor)-schulische Förderung und Bildungsmediation geht es auf einer Fachtagung am Donnerstag, 15. Oktober im Dietrich-Keuning-Haus. Der Fokus liegt dabei auf der Auseinandersetzung mit der Bildungsbenachteiligung von Kindern aus Rom*nja-Familien und der Frage, wie diese ausgeglichen werden kann.

„So Dikhea?“ ist ein Community-Format des Roma-Filmfestivals „Ake Dikhea?“, das seit 2017 in Berlin stattfindet. Kuratiert durch den Festivalleiter Hamze Bytyçi bringt „So Dikhea?“, übersetzt „Was guckst Du?“ eine handverlesene Auswahl von Filmen von und mit Rom*nja auch nach Dortmund – darunter auch „From here“ und die 2019 als besten Film ausgezeichnete Doku „Margina“ von Ljupcho Temelkovski. Die Filme sind zwischen dem 18. und 22. Oktober im Kino im Dortmunder U zu sehen.

Ab dem 23. Oktober zeigt der HMKV auf Ebene 3 im Dortmunder U die Ausstellung „Faţadă/Fassade“. Aufbauend auf dem gleichnamigen Kunstprojekt zur Roma-Baukultur und Neugestaltung einer Hausfassade in der Dortmunder Nordstadt richtet die Ausstellung den Fokus auf eine besondere Form von Architektur, die in den letzten 30 Jahren u.a. in Rumänien entstanden ist. Ihr Kennzeichen: expressive Fassaden und (Traum-)Häuser, die oft mit Kuppeln, Burgzinnen oder silbrig schimmernden Zwiebeldächern versehen sind.

Neu: Podcasts auf Romanes

In diesem Jahr gibt es bei „Djelem Djelem“ auch was auf die Ohren: Vier Podcasts auf Romanes und teilweise auch auf Deutsch führen in verschiedene Aspekte der Kultur ein. Unter anderem geht es um die Hintergründe des „Djelem Djelem“-Lieds und um die Geschichte der Roma, um ihre Verfolgung am Beispiel einer Familie. Auch eine Gute-Nacht-Geschichte auf Romanes für Kinder steht bereit. Erstellt haben die Podcasts die Dortmunder Roma-Mediatorin Dobrila Nikolic und ihre Söhne mit Unterstützung der AWO und des Studios im Blücherbunker. Abrufbar sind die Podcast über die Facebook-Seite von Djelem Djelem.

„Djelem Djelem“ wird veranstaltet von AWO Dortmund, Theater im Depot, Kulturbüro, Dietrich-Keuning-Haus, Carmen e.v. und Romano Than.Hauptförderer ist das Kulturbüro Dortmund. Das Festival wird außerdem gefördert von Regionalverband Ruhr, Interkultur Ruhr, Soziokultur NRW und den Integrationsagenturen NRW.

Weitere Infos auch unter facebook.com/djelem.djelem.dortmund

 

Bild 1: Vorstellung des Festivalprogramms im Dietrich-Keuning-Haus mit Kulturdezernent Jörg Stüdemann und AWO-Vorsitzender Anja Butschkau. (c) Katrin Pinetzki, Stadt Dortmund

Bild 2: Hängung des Fassadenbanners zur Ankündigung der Ausstellung „Fatada / Fassade“ im HMKV im Dortmunder U. (c) HMKV