Die Steinwache 2020: Rückblick und Vorschau

Ein Besucherrekord, ein neuer Leiter und große Pläne für die Zukunft: Die Mahn- und Gedenkstätte Steinwache blickt auf ein erfolgreiches Jahr 2019 zurück und steht vor einigen einschneidenden Ereignissen.

 Anbau Steinwache Modell

 

Besuchsrekord dank des Ev. Kirchentag

Mit 23.760 Besucherinnen und Besuchern konnte die Steinwache zum Jahreswechsel einen neuen Rekord verzeichnen. Vor allem der evangelische Kirchentag im Juni 2019 trug hierzu bei. Dessen „Gedenken zu Beginn“ fand am 19. Juni direkt vor der Steinwache statt, mitorganisiert durch die Gedenkstätte. Darüber hinaus wurden zahlreiche Führungen und weitere Veranstaltungen für die Gäste des Kirchentags angeboten.

Neuer Leiter: Markus Günnewig

Im September wurde Markus Günnewig Leiter der Steinwache, die er bislang stellvertretend geleitet hatte. Neben einer Fortführung der Arbeiten an einer „neuen“ Steinwache und einem möglichst vielfältigen Veranstaltungsprogramm will er insbesondere die pädagogischen Angebote weiterentwickeln. Der bisherige Leiter und Direktor des Stadtarchivs, Dr. Stefan Mühlhofer, ist inzwischen Geschäftsführender Direktor der Kulturbetriebe Dortmund geworden.

Mühlhofer und Günnewig

 

Arbeit an der neuen Dauerausstellung

Die Arbeiten an der neuen Dauerausstellung gehen voran: Sie ist inzwischen weitgehend kuratiert und befindet sich in der Entwurfsphase. Derzeit arbeitet eine Restauratorin im Gebäude daran, Inschriften an den Zellenwänden freizulegen. Im Mittelpunkt der neuen Ausstellung stehen das historische Polizeigefängnis und seine Rolle im Nationalsozialismus – erzählt anhand der Geschichten von Insassen, aber auch von Polizisten und anderen Verantwortlichen. Die neue Präsentation wird zeitgleich mit dem Erweiterungsbau eröffnet werden.

Steinwache Rrestauratorin web

Steinwache Inschrift Kalender web

 

Bauliche Erweiterung

Die bauliche Erweiterung der Gedenkstätte nimmt Konturen an: Im Frühjahr 2019 wurde ein Architekturwettbewerb ausgelobt für ein neues Gebäude mit weiteren Seminarräumen, einer Fläche für Wechselausstellungen sowie Büroräumen. Im September wurden die Wettbewerbsergebnisse der Öffentlichkeit präsentiert. Der Siegerentwurf stammt vom Hamburger Büro Konermann und Siegmund Architekten GmbH. Die Architekten hatten die schwierige Aufgabe, die genannten Anforderungen auf extrem geringer Fläche und unter Berücksichtigung des historischen Bauensembles zu erfüllen, aus Sicht der Jury am besten gelöst. Im Frühjahr 2020 beginnen die Planungen für den Bau, der auf dem Gelände des derzeitigen Parkplatzes vor der Steinwache stehen wird.

Veranstaltungen

Vor 80 Jahren begann der Zweite Weltkrieg. Aus diesem Anlass gab es 2019 in der Steinwache eine Veranstaltungsreihe, die vor allem weitgehend unbekannte Aspekte beleuchtete, z.B. die Folgen des Zweiten Weltkriegs für die Dritte Welt oder den jüdischen Widerstand.
2020 geht es zunächst mit der maßgeblich durch die Gedenkstätte Steinwache mit vorbereiteten zentralen Holocaustgedenkveranstaltung weiter. Im Museum für Kunst und Kulturgeschichte wird Prof. Dr. Constantin Goschler (Ruhr-Universität Bochum) am 27. Januar, 18 Uhr über den Umgang mit dem Holocaust in der Bundesrepublik sprechen.
Im Februar stellen Ludger Fittkau und Marie-Christine Werner ihr Buch „Die Konspirateure. Der zivile Widerstand hinter dem 20. Juli 1944“ vor (6. Februar). Am 20. Februar wird mit „Liza ruft!“ ein Dokumentarfilm von Christian Carlsen über eine jüdische Partisanin im Zweiten Weltkrieg gezeigt. Am 9. April stellt Dr. Christoph Kreutzmüller das Buch „Die fotografische Inszenierung des Verbrechens. Ein Album aus Auschwitz“ – die neueste Arbeit zum weltbekannten sogenannten Auschwitz-Album – in der Steinwache vor.
Am 28. April präsentiert der derzeit wohl bekannteste deutsche Antisemitismusforscher Prof. Dr. Samuel Salzborn sein neuestes Buch „Die Abwehr der Shoah im deutschen Erinnern“ im Museum für Kunst und Kulturgeschichte. Im Mai schließlich kommt Dr. Klaus Theweleit mit seinem neuaufgelegten Buch „Männerphantasien“, einem Klassiker der Faschismusforschung der 1970er Jahre, auf Einladung der Steinwache nach Dortmund.

Bildungsarbeit

Im vergangenen Jahr hat die Steinwache Vorbereitungsseminare für Gedenkstättenfahrten nach Buchenwald und Auschwitz konzipiert. Vor allem Schulen bieten diese Bildungsfahrten inzwischen häufig an. In den Vorbereitungsseminaren informiert die Steinwache über die lokale Ebene des Verfolgungsgeschehens stellt einen direkten Bezug her zwischen Dortmund und den bekannteren Orten des Terrors. Das Polizeigefängnis Steinwache hatte historisch die Funktion einer Durchgangsstation zwischen der Ebene lokaler Verfolgung und den Konzentrations- und Vernichtungslagern der Nationalsozialisten und eignet sich damit besonders als Ort für eine solche Vorbereitung.

Fotos mit Markus Günnewig (re) und Dr. Stefan Mühlhofer sowie der Restauratorin Dr. Julia Feldtkeller bei restauratorischen Arbeiten an einer Zellenwand. 

Fotos: Katrin Pinetzki, Stadt Dortmund