„Zum Aufhängen eines Bildes reicht ein Magnet“
Foto-Ausstellung über Stahlbungalows im Hoesch-Museum
Anfang der 1960er-Jahre produzierte die Firma Hoesch Fertighäuser aus Stahl, von denen etwa 200 tatsächlich errichtet wurden. So entstand auch eine Siedlung aus sieben Einfamilienhäusern in Dortmund-Kleinholthausen, die bis heute existiert. Der Fotograf Philipp Robien (FH Dortmund) hat die Veränderungen und Umbauten dieser Bungalows dokumentiert. Vom 3. Februar bis 7. April 2019 sind seine Fotografien im Hoesch-Museum zu sehen.
Die Fotoausstellung „,Zum Aufhängen eines Bildes reicht ein Magnet‘. Stahlbungalows von Hoesch“ wird ergänzt durch historische Ansichten, Pläne und Werbebroschüren für diese schlüsselfertigen und kostengünstige Eigenheime. Die Ausstellung bietet einen Vorgeschmack auf ein nächstes Highlight im Hoesch-Museum: Eines der Stahlhäuser aus Hombruch soll in die Nordstadt transloziert, also abgebaut und originalgetreu wieder aufgebaut werden. Auf dem Gelände neben dem Hoesch-Museum könnte der Stahlbungalow dann als zusätzliche Ausstellungsfläche im nächsten Jahr zur Verfügung stehen. Die Verhandlungen mit den Erben und ThyssenKruppSteel sollen bis Ostern abgeschlossen sein.
Der Fotograf und sein Projekt
Philipp Robiens Fotoserien entstanden 2018 während eines Austausches der FH Dortmund mit der University of Art Teheran im Studiengang Fotografie. Robien wählte für sein Projekt die Hoesch-Siedlung im Dortmunder Süden. Die erste Serie zeigt Außenansichten der sechs Bungalows vom Typ K109. Diese Stringenz dient der Vergleichbarkeit der baulichen Überformungen. Die zweite zeigt Außen-, Innen- und Detailaufnahmen des Bungalows vom Typ L141. Die Motivvielfalt soll den bauzeitlich gut erhaltenen Zustand dieses Hauses dokumentieren. Philipp Robien bedient sich Elementen der Neuen Sachlichkeit wie der seriellen Arbeitsweise, eines einheitlichen Himmels und eines größtmöglichen Betrachtungsabstands.
Philipp Robien (Jahrgang 1988) ist seit 2012 freiberuflicher Autor und Fotograf für Architektur. Nach dem Bachelor-Studium der Fotografie bei Prof. Roman Bezjak an der FH Bielefeld wird er demnächst sein Master-Studium an der FH Dortmund bei Prof. Jörg Winde abschließen.
Die Dortmunder Stahlbungalows
1963/64 errichtete die Firma Hoesch in Kleinholthausen eine Siedlung mit 261 Wohneinheiten für höhere Konzernangestellte. Neben mehreren Hoch- und Reihenhäusern wurden auch sechs Stahlfertighäuser vom Typ K109 gebaut. Diese einheitlich weißen Bungalows waren teilunterkellert und mit Garten und Garage versehen. Sie alle stehen noch. Mit der Zeit haben die Eigentümer diese jedoch an ihre Bedürfnisse angepasst: Holzverkleidung, Wintergarten oder ein Satteldach kamen hinzu.
1966 wurde ein weiterer Bungalow errichtet: Der Prototyp L141 mit winkelförmigem Grundriss, verbesserter Wärmedämmung und Fugenausbildung. Geschätzt hat er mindestens 123.000 DM gekostet. Noch heute ist er fast im Originalzustand erhalten – geradezu ein Museumsstück.
Vom Stahlblech zum Fertighaus
Der Hoesch-Bungalow vereinte die Möglichkeiten der industriellen Moderne zu Beginn der 1960er-Jahre. Ein modulares Montagesystem, die Verwendung neuentwickelter Werkstoffe, eine neuartige Klimatisierungstechnologie und die zeitgenössische Bungalowarchitektur machen ihn heute ikonisch.
Hoesch wollte durch den Bau eigener Fertighäuser vor allem die Bewerbung und den Absatz des gerade entwickelten Leichtprofils PLATAL – eines mit PVC beschichteten Stahlbleches – sichern. Dazu wurden Marktanalysen und sogar ein Testbau auf Mallorca erstellt, sowie das Netz aus Tochter- und Zulieferfirmen ausgebaut. Die Bungalows gab es in drei verschiedenen Typen, wahlweise mit zweiter Terrasse oder kompletter Küche. Geplant war, jährlich bis zu 5.000 Stück zu fabrizieren. Tatsächlich wurden von 1962 bis 1969 nur 150 bis 200 Stück montiert. Noch vor dem Boom der Fertighäuser wurde die Produktion im Jahr 1969 eingestellt.
Die Geschichte der Fertighäuser aus Stahl
Fertighäuser aus Stahl wurden bereits Mitte der 1920er-Jahre in England entwickelt. Das erste deutsche Modell wurde 1927 auf der Leipziger Baumesse vorgestellt. Diese Entwicklung endete mit dem erhöhten Stahlbedarf der Rüstungsindustrie ab 1933. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Fertighäuser vor allem in Nordamerika und Nordeuropa nachgefragt. Einhergehend mit der steigenden Stahlproduktion begannen deutsche Firmen wie Hoesch, MAN oder Krupp, Bungalows teilweise oder vollständig aus Stahl zu entwerfen.
1963 wurde in Hamburg auf Initiative der Zeitschrift Stern eine Fertighausausstellung veranstaltet, auf der auch der Hoesch-Bungalow 55 präsentiert wurde. Standardisierte Wände und Dächer aus PLATAL – plattiertem Stahl – versprachen ein schlüsselfertiges Eigenheim in vier Wochen. Die Wandgestaltung konnte über die Kunststoffbeschichtung farbig ausfallen, aber auch Tapezieren war möglich. Die Oberflächen waren abwaschbar, und zum Aufhängen eines Bildes reichten Magnete. Trotz dieser modernen Versprechungen konnte sich das Haus aus Stahl im privaten Bauen nicht durchsetzen.
Eröffnung
Eröffnet wird die Schau am Sonntag, 3. Februar, 11 Uhr, im Hoesch-Museum. Zur Begrüßung spricht PD Dr. Karl Lauschke (Vorsitzender der Freunde des Hoesch-Museums e.V.). Die Einführung hält Isolde Parussel, Leiterin des Hoesch-Museums.
Führungen und Vorträge
Kuratorenführungen mit Philipp Robien am 3. Februar, 14.00 Uhr; 24. Februar, 11.00 Uhr und 31. März, 14.00 Uhr, kostenpflichtig.
Vortrag „Fertighäuser aus Stahl der Firma Hoesch“ von Dr. Silke Haps (TU Dortmund) am 14. März, 18.30 Uhr, kostenlos.