Hatice Ucar

Hatice Ucar absolvierte 2011 einen zehnwöchigen Kurs und führt seitdem interessierte Besucher durch die Kocatepe Moschee am Borsigplatz sowie die DITIB Zentralmoschee in der Kielstraße. „In Dortmund gibt es siebzig Moscheen und die Moschee am Borsigplatz war zuvor ein Edeka Lebensmittelmarkt“, erklärt Hatice. „In diesem Jahr habe ich bereits über vierzig Führungen gemacht. Oft begleite ich Schulklassen oder Gruppen die Projekte zu interreligiösen Themen bearbeiten. Aber auch Unternehmen und private Gruppen mit bis zu 30 Personen, können sich bei uns für eine Führung durch die Moschee anmelden. Einfach telefonisch oder per E-Mail nach einem Termin fragen.“

Bei den Moscheeführungen beantwortet Hatice Ucar Fragen wie: „Warum geht ihr so oft in die Moschee?“, „Was macht ihr da genau?“ oder auch: „Seid ihr Islamisten?“. Mit ihrer offenen und herzlichen Art zeigt sie den Teilnehmern ihrer Führungen, dass Vorurteile und Ängste vollkommen unbegründet sind. „Zum Ende der Moscheeführung höre ich häufig: Ihr seid ja gar nicht so wie ich mir vorgestellt habe. Ihr seid ja gar nicht alle Salafisten. Ihr seid ja sehr nett und offen“, berichtet Hatice lächelnd.

Hatice Ucar ist auch ein Teil der Führung „Glaubensvielfalt am Borsigplatz“. Dabei können die Teilnehmer in die vielfältige Glaubenswelt des Dortmunder Nordens eintauchen und von Okzident bis Orient reisen. Bei den zweistündigen Führungen der „Borsigplatz VerFührungen“ (www.borsigplatz-verfuehrung.de) werden drei Gotteshäuser besucht, eine evangelische Kirche, eine russisch-orthodoxe Kirche und eine Moschee. Dort stehen den Teilnehmern Gemeindevertreter zur Seite, um die Entstehung der Gemeinde zu erklären und Fragen zu beantworten. Dabei werden Geschichten von Parallelen und Unterschieden sowie von interreligiöser Gemeinsamkeit ausgetauscht. Die Führungen enden bei Hatice Ucar, in der Teestube, mit einem Glas Tee, Gebäck und offenen Gesprächen. „Ich mache das wirklich sehr gerne und war auch schon selbst in Kirchen und Synagogen zu Besuch.“

Die Moscheeführungen begleitet Hatice Ucar ehrenamtlich und unentgeltlich in ihrer Freizeit. Hauptberuflich ist sie ausgebildete Ergotherapeutin. Im April 2013 beginnt sie ihre Tätigkeit in der Ergotherapie-Praxis Steinhaus in Huckarde. Seit 1991 bietet die erste ergotherapeutische Praxis in Dortmund den Patienten Behandlungen in den Fachbereichen Geriatrie, Neurologie, Orthopädie, Rheumatologie und Pädiatrie. Bereits im September 2013 übernimmt Hatice Ucar die vollausgestatteten Praxisräume. Unterstützt wird die junge Inhaberin von drei weiteren angestellten Therapeuten sowie ihrem Vater. Die Therapien finden ambulant in den großzügigen, hellen und freundlich gestalteten Praxisräumen statt, oder werden nach ärztlicher Verordnung auch im Rahmen eines Hausbesuches durchgeführt. Die Praxis von Hatice Ucar liegt in direkter Nachbarschaft zur Seniorenwohnanlage Kastanienhof. Alle Zugänge und Räume sind barrierefrei. Ein Großteil der Patienten sind Kinder und ältere Menschen. Seit Hatice Ucar die Praxis führt ist der Anteil an kleinen Patienten mit türkischen Wurzeln merklich gestiegen. „Wir bieten Beratung und Betreuung der Eltern auf Deutsch und Türkisch. Für türkischsprachige Mütter ist es oft wichtig die Therapiemaßnahmen für ihre Kinder in der Muttersprache besprechen zu können. Die Vorgänge mit Krankenkassen und Ärzten sind manchmal kompliziert. Da ist es wertvoll, wenn ich übersetzten kann“, berichtet Hatice.

Die junge Deutschtürkin wurde 1989 in Dortmund geboren. Ihr Vater und ihre Großeltern stammen aus der türkischen Provinz Konya. Sie und ihre Familie leben schon lange in der Dortmunder Nordstadt. „Wir wohnen alle im selben Haus. Auf jeder Etage ein Ucar. Freunde und Nachbarn nennen es deshalb scherzhaft das Ucar-Haus.“ Familie Ucar engagiert sich sehr für die Islamische Gemeinde und die Menschen in der Dortmunder Nordstadt. „Mein Vater ist schon lange Moscheeführer. Zum diesjährigen Opferfest spendet mein Onkel und seine Arbeitskollegen, über einhundert Tüten mit Malsachen, für die Flüchtlingskinder im Dietrich-Keuning-Haus“, erzählt Hatice stolz.

Für die Zukunft der Nordstadt wünscht sich Hatice, dass andere Kulturen und Religionen respektiert werden und Menschen aufhören zu fürchten was sie nicht kennen. „Ich will helfen, dass mehr Menschen ihre Vorurteile abbauen, zum Beispiel durch eine Moscheeführung“, sagt Hatice.

 


Text: Nicole Winkelkötter
Fotos: Christian Aue