Die Wahrnehmung der Nordstadt ist häufig von negativer Berichterstattung geprägt. „Die Menschen, die hier leben und arbeiten, haben eine differenziertere Sichtweise auf die Nordstadt als die Menschen, die nur darüber lesen“, weiß Erster Polizeihauptkommissar Detlef Rath (Leiter der Polizeiwache Nord).Mit den Problemen der Nordstadt müssen sich die Polizisten/innen der Wache Nord täglich auseinandersetzten, aber sie sehen dabei auch die Bereitschaft der Bewohner sich zu engagieren und zu helfen.

Für die Polizisten der Wache Nord ist die Arbeit in der Nordstadt keineswegs schwieriger oder gefährlicher als in anderen Stadtgebieten Dortmunds. „In der Nordstadt ist es anders, aber nicht besser oder schlechter. Die Kollegen/innen leben die Nordstadt und sind mit Herzblut dabei, um etwas zu verbessern – ehrlich und engagiert. Durch höhere Anforderungen und die Vielschichtigkeit der Themen können sie mehr Erfahrung sammeln. Die Arbeit in der Nordstadt ist deshalb für viele Polizisten/innen für ihre berufliche Entwicklung erstrebenswert“, sagt Detlef Rath. Verständigungsprobleme haben bei der täglichen Arbeit keine wesentliche Bedeutung. Viele der Polizisten/innen haben selbst einen Migrationshintergrund und beherrschen oft ihre Muttersprachen.


Die Nordstadt ist durch ihre negative Infrastruktur attraktiver für Kriminelle als andere Stadtteile in Dortmund. Diverse Kioske, Internetcafés oder Spielstuben bieten geeignete Rückzugsräume. Auch die Nähe zum Bahnhof begünstigt kriminelle Handlungen. Vor allem die Betäubungsmittelkriminalität und Raubdelikte sind Schwerpunktthemen der Polizei in der Nordstadt. Nachts und an den Wochenenden werden Betrunkene z.B. im Keuninghauspark auf ihrem Weg nach Hause angesprochen, abgelenkt und bestohlen oder ausgeraubt. „Viele Bewohner nehmen diese Gefahr oft wissend in Kauf, nur um einen kürzeren Weg zu haben“, bemerkt der Erste Polizeihauptkommissar. Diese Orte werden deshalb von der Polizei regelmäßig überwacht um Täter direkt nach der Tat zu stellen und damit die Kriminellen langfristig abzuschrecken.

Gegen die Betäubungsmittelkriminalität, die in unterschiedlicher Ausprägung im Bereich der Münsterstraße, des Nordmarktes und des Borsigplatzes vorherrscht, geht die Polizei auf mehreren Ebenen vor. Nicht nur der Wachdienst sondern auch der Schwerpunktdienst, zivile und Unterstützungskräfte aus anderen Organisationseinheiten führen Kontrollen durch und gehen gezielt gegen das Problem vor. Zudem arbeitet die Fachdienststelle für Organisierte Kriminalität an langfristigen Verfahren gegen die Hintermänner und Strukturen des Drogenhandels. Bei Verkehrskontrollen wird ebenfalls überprüft, ob die Autofahrer Betäubungsmittel erworben und/oder konsumiert haben. Der Erste Polizeihauptkommissar fügt hinzu: „Wir machen die Kontrollen an der Brackeler Straße nicht, um Bußgelder zu erheben, sondern um auswärtige Käufer von Betäubungsmitteln abzuschrecken und zu verhindern, dass diese erneut BTM in der Nordstadt kaufen und unter BTM-Einfluss durch Dortmund fahren.“


Eine Verbesserung der Lebensqualität in der Nordstadt hat bereits das Verbot der Straßenprostitution gebracht. „Die Straßenprostitution in der Nordstadt hatte überhandgenommen. Dem konnte nur ein Verbot Einhalt bieten. Prostitution kann nicht vollkommen verhindert werden. Viele Prostituierte sind in andere Städte gegangen oder haben sich in die Wohnungsprostitution zurückgezogen. Dadurch sind sie zumindest aus dem Straßenbild der Bewohner der Nordstadt verschwunden“, erklärt Detlef Rath. Polizei und Stadt kontrollieren natürlich weiterhin regelmäßig, dass das Verbot eingehalten wird und schreiben Anzeigen bei Verstößen.

Wer Opfer oder Zeuge einer Straftat wird, sollte immer zuerst die Polizei rufen und die Situation genau beschreiben. Der Erste Polizeihauptkommissar betont: „Es ist wichtig realistisch einzuschätzen, ob ich als Zeuge und ggf. mit anderen Passanten helfen kann. Im Zweifelsfall immer auf die Polizei warten und sich nicht selbst in Gefahr bringen.“ In der Nordstadt ist immer eine hohe Dichte von Polizisten unterwegs. Bei akuten Situationen sind deshalb schnell Beamte vor Ort. „Die Menschen sehen, dass wir als Polizei in der Nordstadt präsent und sehr aktiv sind. Sie wissen deshalb genau einzuschätzen was wir tun.“

Ein behördenstrategisches Ziel der gesamten Polizei Dortmund ist: Sicher leben in der Nordstadt. Die Polizei arbeitet dabei meistens nur an den Symptomen, die Ursachen für Kriminalität kann die Polizei nicht beheben. „Gleichwohl ist es notwendig, mit anderen Institutionen Schnittstellen zu suchen und Kooperationen zu schaffen, um gemeinsam neue Lösungen für Probleme zu finden.“ Aus diesem Grund arbeitet die Polizei u.a. mit dem Ordnungsamt der Stadt Dortmund sowie Organisationen in der Nordstadt zusammen. Die Polizei bietet zum Beispiel auch mit Unterstützung des Quartiersmanagements ein Zivilcourage-Training an. „Es gibt nicht einen allein der die Probleme lösen kann. Es müssen alle dazu beitragen, die Situation in der Nordstadt langfristig zu verbessern. Netzwerkarbeit ist deshalb besonders wichtig“, appelliert Detlef Rath.

Text: Nicole Winkelkötter
Fotos: Christian Aue